Prof. (em.) Dr. Günther Ortmann, Hamburg
Zur Person
Bis 2010 Professur für Allgemeine Betriebswirtschaftslehre an der Helmut-Schmidt-Universität Hamburg, seit 2014 Forschungsprofessur für Führung an der Universität Witten/Herdecke. Lehraufträge und Gastprofessuren an den Universitäten Wien, Innsbruck, Luzern und St. Gallen.
Aktuelle Publikationen (Auswahl)
Ortmann, G. (2015). Noch nicht/Nicht mehr. Wir Virtuosen des versäumten Augenblicks. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.
Ortmann, G. (2013). Formen der Produktion: Organisation und Rekursivität. Springer-Verlag.
Ortmann, G. (2011). Kunst des Entscheidens: ein Quantum Trost für Zweifler und Zauderer. Weilerswist: Velbrück Wissenschaft.
Im Netz
www.hsu-hh.de
Vortrag im Rahmen der Sektion
„Zweifeln an rationaler Entscheidbarkeit – ein Quantum Trost für Zweifler und Zauderer“
Titel: Das Spiel des Zweifelns und der Zwang zur Entscheidung
Datum: 14. Oktober 2016
Uhrzeit: Zwischen 10.00 und 12.00Uhr (genauere Angaben folgen)
Abstract
Ein heutzutage beliebter Topos der Argumentation ist es, ein gestern noch Missbilligtes heute zu billigen, ja, zu preisen. Wer Fehler macht, verfehlt das Richtige? Aus Fehlern aber lernt man, daher, so der Syllogismus der Fehlerfreundlichen, sind Fehler gut. Überall droht Scheitern? „Schöner Scheitern“ ist die Antwort. Routine ist öde? Luhmann schreibt das „Lob der Routine“. Zweifel lähmen? Ortmann stiftet „ein Quantum Trost für Zweifler und Zauderer“, und ein Symposion heißt „Die Kraft des Zweifelns“.
In dieser Lage ist es angebracht, sich zunächst der nicht so schönen Seiten des Zweifel(n)s zu vergewissern. Zweifel – sie liebt mich, sie liebt mich nicht – irritieren, verstören, quälen, und vor allem stören sie beim – oder hindern am – Entscheiden und Handeln. Das ist schlecht – wenn Entscheidungen gefragt sind und Handeln not tut oder jedenfalls wünschenswert ist. Das gilt es festzuhalten, bevor man das hohe Lied des Zweifelns singt. So richtig gut ist Zweifel eigentlich erst, wenn er behoben ist – wenn es wieder erfreuliche Gewissheit gibt. Am Ende also soll Gewissheit stehen. Sie steht aber auch am Anfang des Zweifelns, wie Wittgenstein bemerkte: „Das Spiel des Zweifelns setzt Gewissheit voraus.“ Es zählen nur begründete Zweifel, und die Gründe müssen als gewiss gelten oder wenigstens Gewissheiten geltend machen können. Leerer Zweifel – „paper doubt“ – zählt nicht, sagt Charles Sanders Peirce, und im Alltag – in der Lebenswelt – bedürfen wir dringend lauter Gewissheiten.
Erst inmitten einer Oszillation oder besser einer Helix von Gewissheit zu Zweifeln zu neuer Gewissheit, irgendwann vielleicht gefolgt von neuem Zweifel, kann – kann! – Zweifel eine Kraft entwickeln: wenn uns etwas einfällt – wenn etwas in uns einfällt -, das ihn erübrigt. Kraft hat Zweifel nur, wenn er seine Erübrigung evoziert. Das tut er manchmal, und manchmal auch nicht. Also fragt sich: Wann tut er es? Darauf gibt es leider keine als Rezept brauchbare Antwort.