Zweifeln als Management-Kompetenz
Vortrag im Rahmen der Sektion „Zweifeln an rationaler Entscheidbarkeit – ein Quantum Trost für Zweifler und Zauderer“
Referent: Prof. Heinz-Klaus Stahl
Datum: 14. Oktober 2016
Uhrzeit: Zwischen 10.00Uhr und 12.00Uhr (genauere Angaben folgen)
Abstract
Im „klassischen“ Management gibt es keinen Platz für Zweifel und Zweifler. Auch wenn das Prinzip der „Machbarkeit“, auf dem diese Art des Managements beruht, den Zweifel geradezu herausfordert, so wird dieser doch meist unterdrückt, versteckt oder ignoriert. Die Umwelten irritieren zwar die Organisationen laufend und immer häufiger mit Ungewissheiten verschiedenster Art. Jene, die dazu berufen wurden, Organisationen unter diesen Bedingungen zu „steuern“, immunisieren sich jedoch allzu oft gegen die Ungewissheiten. Daraus entstehen „Management-Pathologien“ wie z.B. „Ballistisches Entscheiden“, „Thematisches Vagabundieren“, „Dogmatisches Verschanzen“, „Einkapseln“ oder das „Rumpelstilzchen-Syndrom“. „Den Durchblick zu haben“ oder „zu wissen, wo es lang geht“, sind dann Ausdruck einer Selbsttäuschung.
Im „postklassischen“ Management hingegen, das sich als „Kunst der Intervention“ in sich selbst regelnde soziale Systeme versteht, wird der Zweifel zu einer Ressource. Das lässt sich am Beispiel der Ambivalenz zeigen. Sie ist ein Sowohl-als-auch und somit die Einheit eines dynamischen Mit- und Gegeneinanders, die sich im Denken, Fühlen oder Wollen zeigen kann. Die Erfahrungen solcher Gleichzeitigkeiten widersprechen unserem rationalen Denken, das sich auf den Geleisen zweiwertiger Logik, einem Entweder-oder, bewegt.
Um das Zweifeln als Management-Fähigkeit zu nutzen, bedarf es allerdings anderer Kompetenzen als derjenigen, die in Stellenbeschreibungen oder der Trivialliteratur zu finden sind. Zur Klärung muss zunächst der Begriff der „Kompetenz“, der längst zu einem Gummi- und Blähwort verkommen ist, zurechtgerückt werden. Auf dieser Grundlage können dann jene Fähigkeiten definiert werden, die unabdingbar sind, um in soziale Systeme unter den Bedingungen hoher Komplexität („Alles scheint mit jedem verbunden zu sein“) und hoher Kontingenz (erlebt als Zufälligkeit) zu intervenieren: Heuristische, intrapersonale, interpersonale, interpretative und inszenatorische Kompetenz. Mit Ausnahme letzterer, bei der es um Eindruckssteuerung geht, spielen Zweifel, zweifeln dürfen und können eine entscheidende Rolle, die bislang meist übersehen wurde und die im Vortrag geklärt werden wird.