Vortrag von Sydow

Systemische Therapie, Evidenzbasierung und das deutsche Gesundheitssystem


Vortrag im Rahmen der Sektion: Systemische Therapie – Haben wir uns zu Tode gesiegt?
Referentin: Kirsten von Sydow
Datum: Freitag, 14. Oktober 2016
Uhrzeit: Zwischen 10.00 und 12.00Uhr (genauere Angaben folgen)

Abstract
Systemische Therapie ist (ST) nachweislich wirksam bei der Behandlung von affektiven, Angst-, Ess-, dissozialen, Substanzstörungen, Schizophrenie und bei somatischen Krankheiten – sowohl bei Erwachsenen, als auch bei Kindern und Jugendlichen. Auf diesem Hintergrund wurde die ST vom Wissenschaftlichen Beirat Psychotherapie (WBP) wissenschaftlich anerkannt (was es überhaupt erst erlaubt hat ambulante systemische Psychotherapie zu praktizieren, zu beforschen und Approbationsausbildungen anzubieten). Derzeit wird die sozialrechtliche Anerkennung vom Gemeinsamen Bundesausschuss (GBA) und dem Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen geprüft. In beiden Prüfprozessen ist die Orientierung an klaren theoretischen Vorgaben und das Vorhandensein von empirischen Wirksamkeitsbelege zentral, besonders durch randomisierte kontrollierte Studien (RCT) zu unterschiedlichen Störungsbildern.

Doch die deutschen Systemiker stehen diesen Entwicklungen ambivalent gegenüber, manche freuen sich – andere lehnen eine stärkere Orientierung von systemischer Praxis und Lehre an Forschung, Diagnostik und eine stärkere Anbindung der systemischen Aus- und Weiterbildung an Hochschulen vehement ab. Gleichzeitig befindet sich das ganze Psychotherapie-Ausbildungs-System in Deutschland in einem fundamentalen Wandel an dem sich nur sehr wenige systemische Therapeuten/Wissenschaftler aktiv beteiligen.

Als Wissenschaftlerin und Therapeutin mit nicht nur systemischem Hintergrund bin ich naturgemäß Vertreterin der forschungsfreundlichen Fraktion und möchte darlegen, was die ST gewinnen kann durch eine stärkere Anbindung an Grundlagen- und Wirksamkeitsforschung, dass Diagnostik neben Nachteilen auch Vorteile haben kann und welche Risiken eine forschungsferne systemische Praxis und Ausbildung in sich trägt.

Ich hoffe, dass der Vortrag zu einer lebhaften Diskussion anregt!